Bestätigung des Netzreservebedarfs im Strombereich

Präsident Müller: "Netzreserve weiterhin notwendig"

Ausgabejahr 2022
Erscheinungsdatum 29.04.2022

Die Bundesnetzagentur hat heute die erforderliche Netzreserve für das Winterhalbjahr 2022/2023 und den Zeitraum April 2023 bis März 2024 bestätigt.

"Wir beobachten die Gefahr einer Gasmangellage fortwährend und prüfen mögliche Auswirkungen auf die sichere Stromversorgung. Sollten sich hieraus Auswirkungen auf den Netzreservebedarf ergeben, werden wir darauf direkt reagieren," sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. Er ergänzt: "Die Verzögerungen im Netzausbau machen es weiterhin notwendig, die Netzstabilität mit Hilfe der Netzreserve sicherzustellen. Mit den erwarteten Fortschritten beim Netzausbau können wir in Zukunft von einem sinkenden Netzreservebedarf ausgehen. Das zeigt erneut, dass ein rascher Netzausbau die Netzsicherheit erhöht."

Netzreservebedarf 2022/2023

Die Übertragungsnetzbetreiber hatten der Bundesnetzagentur am 8. März 2022 ihre Systemanalyse und den Bedarf an Netzreservekraftwerken zur Bestätigung vorgelegt. Die Bundesnetzagentur hat einen Gesamtbedarf von 8.264 Megawatt für den kommenden Winter 2022/2023 bestätigt. Der davon durch inländische Anlagen gedeckte Anteil von 6.840 MW wird dabei von deutschen Netzreservekraftwerken mit einer installierten Leistung von 7.112 Megawatt bereitgestellt. Damit steigt die innerdeutsche Netzreserve im Vergleich zum letzten Jahr um 1.442 Megawatt an.

Grund für diesen Anstieg ist zum einen weiterhin der kontinuierliche Ausbau der erneuerbaren Energien und die europäisch vorgegebene Ausweitung der grenzüberschreitenden Handelskapazitäten, denen der Netzausbau nicht im erforderlichen Maße folgt. Andererseits scheiden Kraftwerke aus dem Markt aus, die für die Netzsicherheit weiter benötigt und daher in die Netzreserve überführt werden.

So zeigen die Modellrechnungen bei hoher Windeinspeisung in Norddeutschland und gleichzeitiger starker Last und sehr geringer PV-Einspeisung in Süddeutschland hohe Nord-Süd-Transportaufgaben im Stromnetz. Der auf Grund der hohen Erzeugung aus Wind niedrige Großhandelsstrompreis führt gleichzeitig zu sehr hohen Exporten in das europäische Ausland. Dies erweist sich für das bestehende Stromnetz als besonders anspruchsvoll. Erst durch Netzausbau wird diese Situation zukünftig dauerhaft vermieden und die volle Nutzung der erneuerbaren Erzeugung möglich gemacht.

Die Systemanalysen zeigen zudem, dass ein Teil des Netzreservebedarfs in Höhe von 1.424 Megawatt über ausländische Kraftwerke gedeckt werden muss, da die Reservepotentiale in Deutschland ausgeschöpft sind. Zur Beschaffung dieses Bedarfs werden die Übertragungsnetzbetreiber Kraftwerksbetreiber mit Standorten im Ausland auffordern, bis zum 15. Mai 2022 ihr Interesse an der Aufnahme ihrer Anlage in die Netzreserve anzumelden. Anschließend führen die Übertragungsnetzbetreiber in Abstimmung mit der Bundesnetzagentur entsprechende Vertragsverhandlungen.

Netzreservebedarf 2023/2024

Ergänzend zum bevorstehenden Winter wird jährlich der Bedarf für einen weiter in der Zukunft liegenden Zeitraum ermittelt. Für den aktuell betrachteten Zeitraum 2023/2024 beträgt der Netzreservebedarf 5.361 Megawatt. Der Bedarf sinkt damit gegenüber dem kommenden Winter deutlich. Dies setzt unter anderem voraus, dass der Netzausbau entsprechend der Planung und den Prognosen voranschreitet.

Auswirkungen des russischen Kriegs in der Ukraine

Auswirkungen einer möglichen Gasmangellage, die in den vorliegenden Untersuchungen nicht vorweggenommen wurde, werden fortwährend analysiert. Hier laufen zusammen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und den Übertragungsnetzbetreibern umfangreiche Berechnungen, deren Ergebnisse im Sommer vorliegen werden. In Anbetracht der weiteren Entwicklungen werden gegebenenfalls Anpassungen an Einsatz oder Umfang der Netzreserve vorgenommen.

Erzeugungsleistung für Netzstabilität

Die Vorhaltung einer Netzreserve dient dazu, Überlastungen im Übertragungsnetz zu verhindern, die aufgrund des immer noch unzureichenden Netzausbaus bestehen. Dazu wird die Erzeugung vor einem drohenden Engpass im Netz reduziert und gleichzeitig die Erzeugung dahinter erhöht.

Dieser „Redispatch“ genannte Ausgleichsmechanismus wird zunächst mit am Markt agierenden Kraftwerken durchgeführt. In bestimmten Netzsituationen reichen diese Kraftwerke jedoch nicht zur Netzentlastung aus. In diesen Fällen müssen zusätzlich Netzreservekraftwerke eingesetzt werden. Die Netzreserve besteht aus zur Stilllegung angezeigten Kraftwerken, die systemrelevant sind und deshalb nicht stillgelegt werden dürfen.

Kraftwerke aus der Netzreserve dürfen nicht mehr am Stromerzeugungsmarkt eingesetzt werden, sondern ausschließlich auf Anforderung der Netzbetreiber zur Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Stromsystems. Die Netzreservekraftwerke sind daher nur noch in relativ wenigen Stunden eines Jahres in Betrieb.

Der Bericht ist veröffentlicht unter: www.bundesnetzagentur.de/netzreserve.

Pressemitteilung (pdf / 169 KB)

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